Urteil ohne Angeklagten?

Urteil ohne Angeklagten?

Kiel – Der Angeklagte soll zwei Männer beauftragt haben, einen Mann im Januar 2009 vor der Therme in Kaltenkirchen (Kreis Segeberg) niederzuschießen.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft wollte der 42-jährige Angeklagte damit die Macht- und Gebietsansprüche seiner Rocker-Gruppe deutlich machen. Heute wird vor dem Kieler Landgericht das Urteil erwartet. Der Angeklagte soll Mitglied der inzwischen verbotenen Kieler „Hells Angels“ gewesen sein. Das durch die Schüsse schwer verletzte Opfer wird dem Umfeld der „Bandidos“ zugerechnet. Beide Gruppen sind verfeindet.

„Man wollte mich plattmachen“

Laut Anklage feuerten die beiden Schützen mindestens vier Mal. „Der dritte Schuss riss mich von den Beinen“, sagte das Opfer zum Prozessauftakt im September vergangenen Jahres. Er sei auf dem Boden weggerobbt.

„Ich vermute, man wollte mir erst was auf den Kopf hauen und mich dann plattmachen.“

Die Schützen seien ihm zunächst gefolgt, flohen dann aber unerkannt, berichtete er damals. Dem Opfer der Schießerei wurde bei dem Attentat der Oberschenkel zertrümmert. Der Mann ist seitdem erwerbsunfähig. Bei einer Infektion droht laut einem Gutachten eine Amputation des Beines.

Nebenkläger will 80.000 Euro Schmerzensgeld

Die Staatsanwaltschaft plädierte auf drei Jahre und zehn Monate Haft – wegen gefährlicher Körperverletzung. Das Opfer forderte als Nebenkläger 80.000 Euro Schmerzensgeld sowie monatlich 150 Euro Rente. Sein Anwalt beantragte außerdem fünf Jahre Haft für den mutmaßlichen Auftraggeber der Schüsse. Die Verteidigung machte sich hingegen für einen Freispruch stark. Begründung: Es gebe keinerlei Beweise, die den Angeklagten mit der Tat in Verbindung bringe.

Kommt der Angeklagte zur Urteilsverkündung?

Der Angeklagte selbst blieb dem Verfahren zuletzt fern. Beobachter rechnen damit, dass der 42-Jährige auch am letzten Prozesstag nicht dabei ist. Er soll inzwischen in Thailand eine zweite Ehe geschlossen haben. Der Mann ist bereits verheiratet – mit der jungen Frau, die das Opfer damals in den Hinterhalt gelockt haben soll. Über das Internet hatte sie mit dem Mann Kontakt aufgenommen und sich dann mit ihm zum Thermenbesuch verabredet. Dort lauerten die maskierten Angreifer, deren Identität bis heute nicht geklärt ist. Die damals 19-Jährige wurde deswegen bereits rechtskräftig verurteilt.

Blutige Feindschaft

Die „Hells Angels“ und die ebenfalls inzwischen verbotenen „Bandidos“ in Neumünster hatten sich bis zu ihrem Verbot eine blutige Fehde geliefert. Auch zwischen dem Angeklagten und dem Opfer hatte sich laut Staatsanwalt spätestens ab 2007 eine blutige Feindschaft entwickelt. An deren Beginn soll der Angeklagte dem Opfer den Kiefer gebrochen und dessen Bruder ihn dafür niedergestochen haben. 2008 wurde der Angeklagte dann ein zweites Mal bei einer Schlägerei zwischen rivalisierenden Rockern vor dem Kieler Amtsgericht niedergestochen.

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